Uhlandstraße 61

Uhlandstraße 61

Charlottenburg-Wilmersdorf

Die Umwandlung des Mietshauses Uhlandstr. 61 in hochwertig modernisierte Eigentumswohnungen wurde den Mieterinnen und Mietern Ende 2018 angekündigt und seitdem sind alle in großer Sorge, nach so vielen gemeinschaftlichen Jahren, aus der liebgewonnenen Hausgemeinschaft und der vertrauten Umgebung verdrängt zu werden.

Das Haus ist seit 70 Jahren in Familienbesitz gewesen, der bisherige Eigentümer hatte das Mietshaus seit fast 20 Jahren im Besitz und ist selbst in dem Haus aufgewachsen, da schon sein Vater vorher über 50 Jahre Eigentümer des Hauses war. Die Mieten waren bisher preiswert, da er z.B. auch bei Neuvermietungen eher darauf geachtet hat, dass die neuen Mieter*innen zu der Hausgemeinschaft passen, anstatt das maximal mögliche als Miete zu erzielen. Und auch die Mieten für die Mieterinnen und Mieter, die seit 30 … 40 … 50 oder in einem Fall sogar seit über 60 Jahren hier wohnen, blieben bezahlbar und im unteren Bereich.

Das Haus wurde im Frühjahr 2018 an eine ausländische Investment‐/Immobilienfirma verkauft und Ende November 2018 kam von der neu eingesetzten Hausverwaltung die schriftliche Ankündigung über den Ausbau des Dachgeschosses, umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen und anschließende Umwandlung in Eigentumswohnungen. Anfang Dezember 2018 fanden dann für alle Mieter*innen die ersten Informationsgespräche mit der für die Baumaßnahmen und die Vermarktung beauftragten Projektleitung statt.

Als Einzelpersonen der Hausgemeinschaft hatten wir bei der Bauaufsicht Charlottenburg‐Wilmersdorf Akteneinsicht beantragt und konnten nach der positiven Stellungnahme des Fachbereiches Stadtplanung, die im März 2019 erteilt wurde, einen Teil der eingereichten Unterlagen einsehen. Das Bauvorhaben Uhlandstr. 61 ist ein vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren und daher ist nur eine Anzeige oder Mitteilung erforderlich, diese wird von der Bauaufsicht geprüft ‐ bedarf aber leider keiner Genehmigung, so dass eine Einflussnahme kaum möglich ist.

Die geplanten Baumaßnahmen waren uns bereits aus den Informationsgesprächen im Dezember bekannt, jedoch die weiteren, für die Mieterinnen und Mieter der Mietergemeinschaft eventuell sehr viel bedeutsameren Sanierungs‐ und Modernisierungsmaßnahmen oder die Umwandlung von Miet‐ in Eigentumswohnungen müssen nicht beantragt oder angemeldet werden, da sich das Haus in keinem sozialen Erhaltungsgebiet (Milieuschutzgebiet) befindet.

Seit Weihnachten 2018 ist die Bäckerei geschlossen, die zum 31.01.2019 geräumt wurde, das Japanische Restaurant war bis zum 23.02. geöffnet und wurde gleichzeitig mit dem Schreibwarenladen zum 31.03.2019 an die Hausverwaltung übergeben. Die vierte Gewerbefläche hatte einen gültigen Mietvertrag bis 31.12.2019 und diese Modeschneiderei wurde auch bis Ende Dezember 2019 noch weitergeführt. Leider greift das Zweckentfremdungsverbot nur bei leerstehendem Wohnraum und nicht bei leerstehenden Gewerbeflächen.

Noch kurz vor dem 18. Juni 2019 wurde allen Mietparteien des Hauses, wie so vielen anderen Berlinerinnen, eine 15‐prozentige Mieterhöhung zugestellt. Aufgrund der dauerhaft ungeklärten und bedrückenden Lage sind die ersten Mieterinnen im August und Oktober 2019 und im Februar 2020 ausgezogen.

Die Hausgemeinschaft ist politisch aktiv geworden und versucht, die Situation (wo möglich) mitzugestalten. Wir wollen gemeinsam dafür eintreten, dass in Zukunft mit Wohnraum nicht mehr spekuliert werden darf. Denn es geht hier um Menschen und um die Lebensgrundlage von Menschen und nicht um gewöhnliche Handelsware.

Unserer gemeinschaftlichen Ansicht nach ist das Recht auf bezahlbares und menschenwürdiges Wohnen ein wichtiger Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge, wie sie in der UN‐Sozialcharta (Teil II Artikel 31 ‐ Recht auf Wohnung) sowie in der Verfassung von Berlin (Art.28 Abs. 1 ‐ Recht auf angemessenen Wohnraum) beschrieben ist und darf nicht ausschließlich der bloßen Gewinnmaximierung von Kapitalinvestoren dienen, denen jegliches Interesse an unseren Kiezen und am sozialen Zusammenhalt unserer Stadt fehlt.

Seit dem Zusammenschluss der Mieter*innen‐Initiativen aus Charlottenburg‐Wilmersdorf (mieterinitiativen-chawi.de) im März 2019 sind wir aktiv als Hausgemeinschaft dabei und mittlerweile sind wir auch vernetzt mit dem Netzwerk #200Häuser.